Da vorne an der Tafel, das ist Phil.

Seit diesem Semester ist er Tutor im Studiengang Soziologie an der Philosophischen Fakultät.

Als ein Professor ihn am Ende des letzten Semesters als Tutor anfragte, war Phil völlig aus dem

Häuschen. Begeistert hat er jede freie Minute genutzt, um Inhalte für sein Tutorium zusammenzustellen.

Poststrukturalismus, kritische Theorie oder Phänomenologie, hier ist Phil in seinem Element.

Da darf in seinem Tutorium wirklich nichts zu kurz kommen, findet Phil.

Ein Großteil der Studierenden hat es aufgegeben, Phils Vorträgen zu folgen.

In den vorderen Reihen tippen einige auf ihren Smartphones herum.

Weiter hinten können andere kaum die Augen offen halten.

Von welchem theoretischen Ansatz spricht ihr Tutor da eigentlich?

Was ist bloß mit den Studierenden los? Phil versteht nicht, warum sie so unaufmerksam sind.

Jeder hat mal einen Durchhänger, da hat Phil absolut Verständnis für.

Party, Prüfungsstress, Privates. Phil kennt sie alle, die Höhen und die Tiefen des Studiums.

Aber wegdämmern, während er vorne redet, liegt es am Ende doch an seinem Tutorium?

Hat er vielleicht wichtige Dinge aus den Augen verloren?

Phil ist schon fast raus aus der Tür. Da fällt ihm die Dreiergruppe an Studierenden auf.

Was reden sie denn da so aufgeregt miteinander?

Er ist ja sonst nicht so neugierig, aber hat er nicht gerade seinen Namen gehört?

Zu unstrukturiert und nicht durchdacht?

Wie hat er sich denn bitte aus seinem Tutorium vorbereitet?

Das wäre ja viel zu viel Input in der kurzen Zeit.

Und die Themen nicht heruntergebrochen, sondern viel zu umfangreich.

Nach dem dritten theoretischen Ansatz hätten sie ohnehin abgeschaltet.

Wie bitte?

Eine Studierende fragt sogar laut in die Runde, ob er noch nie etwas von Reduktion von Inhalten

und der Konzentration auf das Wesentliche gehört habe.

Die Kritik stimmt für nachdenklich.

Vielleicht hat er es ja doch ein wenig übertrieben und wichtige Punkte wie die Zeit, die Ziele

und seine Zielgruppe bei der Planung und Umsetzung im Tutorium nicht berücksichtigt.

Er beschließt seine Struktur für die nächsten Tutoriumstunden zu überdenken und sich zunächst

einmal ein Feedback bei den Studierenden einzuholen.